21. September 2020

Bleiisotopen

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Bleiisotopen

Eine grandiose Idee, um 2 Uhr früh in Amsterdam und der Pullover der nicht dabei war.

Ein spektakulärer Mordfall in Oberösterreich war nicht vollständig geklärt. Ein Freund von mir, Jurian Hoogewerff, der im Forschungszentrum Arsenal in Wien arbeitete, beschäftigte sich damals sehr intensiv mit Bleiisotopen. Wir machten denen, die diesen Kriminalfall bearbeiteten den Vorschlag, einen Pullover mittels Bleiisotopen zu untersuchen um damit die Schmauchspuren dem etwaigen Täter zuzuordnen. Im ersten Schritt nahm ich Untersuchungen vom Pullover und den Schmauchspuren von der Hand des vermeintlichen Täters mittels Totalreflektions-Röntgenfluorezanalyse (TRFA, TXRF) vor. Durch die ermittelte Spurenelementverteilung erhielten wir erste Ergebnisse über einen Zusammenhang zwischen den Schmauchspuren am Pullover und jenen an der Hand des Verdächtigen.

Es zeigte sich, dass die Bleiwerte an der Vorderseite des Pullovers deutlich höher waren als an der Rückseite, was zumindest darauf hinwies, dass es möglich sein konnte, dass der Täter zum Tatzeitpunkt den Pullover trug. Um nun herauszufinden, ob die Bleispuren zu denen des Pullovers passten, nahmen wir uns eine Eigenschaft des Bleies zu Hilfe. Nämlich dass Blei immer eine spezifische Zusammensetzung seiner Isotope besitzt, die vergleichbar einem Fingerabdruck sind. Und so wurde in einer komplizierten Prozedur das Blei aus den Schmauchspuren und dem Pullover für eine Isotopen-Untersuchung mit einem hochauflösenden Massenspektrometer aufbereitet. Für die Analyse der Probelösungen fuhren Jurian und ich zur Vrije Universität Amsterdam, einer internationalen Forschungsuniversität, die ein entsprechendes Massenspektrometer hatten. Unser Messfenster am Gerät war um 2 Uhr früh. Die dort in früher Stunde durchgeführten Untersuchungen zeigten uns dann, der Pullover war nicht am Tatort.

Den Fall konnten wir nicht lösen, aber wir waren die Ersten, die Bleiisotopenanalytik in der Forensik anwendeten.

Bei der größten amerikanischen Forensikertagung in New Orleans wurden unsere Ergebnisse von Jurian präsentiert (siehe Poster). So war zumindest einmal ein Teil von mir in New Orleans, der Stadt des Jazz. Erst 10 Jahre später sah ich in einer Folge von CSY Miami die Anwendung "unserer" Untersuchungsmethode. Und noch eine Auswirkung hatte der Ausflug in die Forensik. Mein holländischer Freund Dr. Jurian Hoogewerff war von der Forensik derart begeistert, dass er nunmehr Director of the National Centre for Forensic Studies (NCFS) an der Universität von Canberra ist.

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About the Author

1962 in Gmunden geboren, maturierte an der HTL für chemische Betriebstechnik in Wels | Studium (Jazzposaune) am Brucknerkonservatorium in Linz | Anton Bruckner Privatuniversität - Studium für Klassische Komposition (Master of Arts) - Musiktheorie (Bachelor of Arts) | Jazz-Posaunist und Bandleader | internationale Konzerte und Jazz-Festivals ua. in Russland, Italien, Ungarn, Belgien und Deutschland | Produktion international erfolgreichen Tonträgern mit verschiedenen Formationen im Bereich Blues, Jazz, Rock und Popularmusik, beteiligt. | Komponist in der Film- und Fernsehmusik.

Hermann Miesbauer

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